Sommersemester 2019
Betreuung:
Thomas Rustemeyer
Studierende/r:
Lena Breitmoser, Nina Eberle, Tiffany Erndwein, Jason Steward, Yasemin Magin, Leonie Mühlen, Nis Petersen, Jingruo Wang, Jessie Wijburg
Die Karte ist ein mächtiges visuelles Instrument. Sie bietet Möglichkeiten Informationen über Orte zu klassifizieren, zu repräsentieren und zu kommunizieren, deren Komplexität unsere direkte Wahrnehmung übersteigt. Karten sind rhetorische und grafische Bilder, die unser Verständnis der Welt rahmen und unsere mentalen Bilder von Räumen formen.
Kartografie ist die Praxis des Kartenzeichnens. Sie dient nicht rein der Darstellung und Repräsentation – sie ist ein wichtiges Werkzeug der Forschung und Wissenserzeugung. Das Kartieren ist eine Methode um die Eigenlogiken von Orten wahrzunehmen, zu erforschen, zu notieren und räumliche, politische, ephemere, teilweise unsichtbare Phänomene aufzuzeigen und Bedeutung zu kreieren. Die Produktion von Karten beinhaltet eine Serie an Entscheidungen: von der ersten Überlegung, welcher Gegenstand gemappt/aufgenommen werden soll, über die Wahl des Massstabs, dem Stil der Projektion, sowie der Symbole und Piktogramme, die in der Darstellung genutzt werden. Dieser Prozess ermutigt neue Wege zu denken, wie unsere Umwelt dargestellt, wie Strukturen aus dem Datensatz distilliert, sowie Bezüge und Verhältnisse aufgezeigt werden können.
In der Publikation Critical Mapping liegt der Fokus auf der Krise des öffentlichen Raums, der durch Privatisierung, Kommerzialisierung, dem Anstieg des motorisierten Individualverkehrs und anderen Phänomenen unter Druck steht. Anhand der Fallstudie des Karlsruher Hauptbahnhofs werden diese urbanen Phänomene unter die Lupe genommen. Die Sammlung an Karten analysiert und interpretiert den Hauptbahnhof auf unterschiedlichen Ebenen und Massstäben mit verschiedenen Methoden und Techniken. Dabei spielen die Werkzeuge zum Ermitteln und Sammeln von Daten über den Raum eine zentrale Rolle. Unsere persönlichen Sinneswahrnehmungen können sehr direkt notiert werden. So entstehen subjektive Karten, die die eigene Wahrnehmung ins Zentrum der Karten rücken. Für andere Kartographien wurden technische Messinstrumente wie Funkantennen, Luxmeter oder Recorder genutzt.
Nina Eberle (NE) untersucht in ihrer poetischen Karte die olfaktorische Kommunikation des Hauptbahnhofs. Tiffany Erndwein (TE) analysiert die Geräusche und Klänge des Hauptbahnhofs. Mit ihrem Recorder ist sie die verschiedenen Blindenspuren abgelaufen. Jason Steward (JS) visualisiert unsichtbare digitale Systeme und erstellt IMSI- und WLAN-Karten, die grafische Ansätze zur Kartierung der funktechnologischen Phänomene am HBF nutzen. Die Karte von Lena Breitmoser (LB) setzt sich mit den verschiedenen Lichtverhältnissen des nächtlichen Hauptbahnhofs auseinander.
Innerhalb des 12-teiligen Postkartensets „Gleisgewächse“ von Leonie Mühlen (LM) findet sich eine Kartierung der Ruderalflora des Gleis 101 am Karlsruher Hauptbahnhof und verhandelt anthropozentrisch geprägte Begriffe, wie Verwüstung, Brache oder Unkrautvernichtung. Nis Petersen (NP) untersucht mit seiner Karte, welche Bilder vom Hauptbahnhof auf Google Maps entstehen und wer die Autoren dieser Bildwelt sind. Wie prägt Google Maps das Image und das Verständnis des Hauptbahnhofs? Jessie Wijburg (JW) observierte verschiedene Personengruppen am Hauptbahnhof und rekonstruiert deren Bewegungsmuster und Geschwindigkeiten, und erzeugt so eigenwillige grafische Muster. Jede Person bewegt sich für sich und ist dabei Teil des Chaos. Yasemin Magin (YM) untersucht das Sitzen im Hauptbahnhof und stellt die Bequemlichkeit und Anzahl von öffentlichen Sitzplätzen den kommerziell genutzten Sitzplätzen gegenüber. Jingruo Wang (JIW) zeichnete eine Karte der Essgewohnheiten der An- und Abreisenden. Thomas Rustemeyer (TR) untersucht in seiner Karte den Hauptbahnhof als kommerzialisierten Ort und kartiert die Werbetafeln und Plakate im Hauptbahnhof. In einer zweiten Karte setzt sich Rustemeyer mit dem öffentlichen Raum als Kampfzone auseinander, um welchen neben Autofahrern, auch Fahrradfahrer kämpfen. Die Karte auf dem Umschlag ist eine technische Gleisplan des Hauptbahnhofs von dem Münchner Geografen Matthias Hintzen (MH).
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Die Publikation Critical Mapping enthält Karten von Lena Breitmoser (LB), Nina Eberle (NE), Tiffany Erndwein (TE), Yasemin Magin (YM), Leonie Mühlen (LM), Nis Petersen (NP), Jingruo Wang (JIW), Jessie Wijburg (JW), Thomas Rustemeyer (TR), Matthias Hintzen (MH, unter Verwendung der Creative Commons Lizenz) Sie sind im Seminar Critical Mapping entstanden, betreut durch Thomas Rustemeyer, Fachgruppe Ausstellungsdesign und Szenografie, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG), 2019
Sommersemester
2019
Betreuung:
Thomas Rustemeyer
Studierende/r: